„Frau Wegner, Sie möchten doch bestimmt etwas trinken“, fragt eine Stimme die demenzerkrankte Bewohnerin des Parkheim Berg. Frau Wegner willigt ein. „Prost“, sagt sie und hebt den gelben Plastikbecher gut gelaunt in die Luft. Dabei prostet sie nicht etwa einer Pflegekraft zu, sondern einem Roboter namens Care-O-bot 3 – denn genau der hat ihr das Getränk serviert. „Das war ein ziemlicher Erfolg“, erinnert sich Gabriele Blume, die während der ersten Roboter-Tests im Parkheim Berg die Leitung des Pflegeheims innehatte. Bei den Bewohnern kam der interaktive Butler samt integrierter Gesichts- und Spracherkennung gut an. So gut sogar, dass ihm etwas gelang, womit sich Pflegekräfte teilweise schwer tun: dafür zu sorgen, dass alle Patienten ausreichend trinken.

Weit entfernt von Science Fiction
Wird die Maschine den Menschen also bald ersetzen – und womöglich Jobs vernichten? Gabriele Blume hält derlei Bedenken vor allem in der Pflege für abwegig. Schließlich seien die Roboter lediglich Assistenzsysteme – und damit eine Erleichterung für das ohnehin oft überlastete Personal. Ein wichtiger Faktor also, um den Job endlich attraktiver zu machen und potentielle Bewerber zu locken. „Wir sind froh um jede Stelle, die wir besetzen können“, berichtet die 51-Jährige. Ähnlich sieht es auch Birgit Graf vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA). Die Ingenieurin war an der Entwicklung mehrerer Pflegeroboter beteiligt – darunter auch der Care-O-bot 3. Sie stellt klar: „Mit dem, was wir aus Science-Fiction-Filmen kennen, haben diese Roboter nichts zu tun – davon sind wir auch noch ganz weit entfernt.“
In der aktuellen Roboter-Forschung gehe es vor allem darum, lästige Routinetätigkeiten auszulagern, berichtet Graf. Kistenschleppen zum Beispiel. Darum haben die Wissenschaftler Casero entwickelt – ein fahrerloses Transportfahrzeug, das schwere Gegenstände wie Wäsche, Müll oder Getränkekisten von A nach B transportiert und den Verbrauch dokumentiert. „Es ist irrsinnig, wenn sich Mitarbeiter den Rücken durchs Schleppen kaputt machen, wenn es dafür intelligente Lösungen gibt“, findet Pflege-Expertin Blume. Ginge es nach der 51-Jährigen, so wäre Casero in Altenheimen und Krankenhäusern längst Standard. Bis dem wirklich so ist, könne es aber noch zehn bis 15 Jahre dauern, schätzt Blume. Grund seien nicht etwa Vorbehalte gegenüber der modernen Technik. „Das ist spätestens seit der Einführung des Smart Phone kein echtes Problem mehr“, so Blume. Es fehle schlichtweg die finanzierbare Serienproduktion.
Grafik: UKV
Das Problem mit dem Datenschutz

Ein Pflegeroboter, der sich deutschlandweit in immerhin schon etwa 100 Altenpflege-Einrichtungen durchgesetzt hat, ist Paro – eine kleine Robbe mit weißem Wuschel-Fell. „Du bist aber ein niedlicher Mops“, sagt Erina Unger*, als ihr eine Sozialarbeiterin das interaktive Stofftier auf den Bauch legt. Die Robbe bewegt sich, blinzelt mit den Augen, reagiert sogar mit Geräuschen auf ihr Gegenüber. Erina Unger lacht – etwas, das sie für gewöhnlich nicht tut. Aufmerksam beobachtet die bettlägerige Frau die Robbe und streichelt sie. So glücklich habe sie Frau Unger noch nie gesehen, sagt die Sozialarbeiterin.
Eine kleine Robbe, die Wunder bewirkt
Foto: Esther Zeschky
Der Effekt von Paro lässt sich mit dem eines Therapiehundes vergleichen. Dabei liegt der Vorteil der Roboter-Robbe auf der Hand – schließlich sind echte Tiere in klinischer Umgebung undenkbar. Doch selbst ohne derart strenge Hygienevorschriften gibt es gute Gründe, dem interaktiven Plüschtier den Vorzug zu geben. Immerhin ist der Einsatz therapeutischer Hunde nicht nur weitaus teurer, sondern auch zeitlich begrenzt. „Irgendwann wird es einfach zu stressig für das Tier“, erklärt Klein. Bedenken, dass mit Paro die Roboter überhandnehmen könnten, hält auch die Professorin für unnötig. „Die Robbe wird immer in Verbindung mit einer Sozialarbeiterin, Betreuerin oder Pflegekraft eingesetzt.“
*Name von der Redaktion geändert
Aktualisiert am 22.03.2021