Wer in seiner Freizeit intensiv Sport betreibt, weiß: Verletzungen lassen sich nicht vermeiden. Kleinere Blessuren wie Zerrungen oder Prellungen gehören zur Tagesordnung. Doch was, wenn es nicht so glimpflich ausgeht und der Sportunfall in einem Pflegefall endet? 15 Jahre lang betrieb Jonas Baum Hochleistungssport. Beim Wakeboarden verletzte er sich so schwer, dass er temporär zum Pflegefall wurde.
Sportunfälle sind mit der gesetzlichen Unfallversicherung nicht abgesichert
Jeder 9. Unfall ereignet sich beim Sport in der Freizeit – und ist daher nicht von der gesetzlichen Unfallversicherung abgesichert. Denn diese greift nur, wenn sich die Verletzung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit ereignet hat. Oft gehen die Sportverletzungen glimpflich aus und bedürfen wenig intensiver Behandlung. Prellungen, Zerrungen oder Bänderrisse sind schmerzhaft, stellen aber keine langfristige Einschränkung dar – wenn man dem Körper ausreichend Ruhe gönnt. Ruhe – dazu wurde auch Jonas Baum abrupt gezwungen. Nach 15 Jahren Sport folgte ein Unfall, der ihn noch lange Zeit beeinträchtigen sollte.
Der Kick auf dem Wakeboard
2014 zieht es Jonas Baum das erste Mal auf ein Wakeboard. Bei der Wassersportanlage eines Freundes bekommt er einen Saisonvertrag als Trainer. „Von Anfang an war bei mir das Kribbeln da.“ Er lernt neue Tricks und genießt sich stetig zu steigern.
Diagnose: Zertrümmertes Becken und nie wieder Sport
Bis er stürzt. Die Diagnose der Ärzte: Zertrümmertes Becken. Viereinhalb Stunden dauert die Operation in einer Spezialklinik, eine Woche lang werden zuvor Becken und Oberschenkel mittels Fixateur voneinander gelöst. „Die Ärzte sagten mir, dass ich wieder laufen können würde, aber nie wieder Sport machen könnte“, so Jonas Baum. Eine Woche nach der OP darf er das erste Mal aufstehen. Begleitet von zwei Physiotherapeuten schafft er am ersten Tag den Weg vom Bett zum Fenster und zurück. „14 Schritte – mehr war nicht drin.“
Keine Absicherung, völlige Hilflosigkeit
Schließlich wieder zu Hause sieht sich Jonas Baum mit den Unwägbarkeiten konfrontiert, die ihn im Alltag erwarten. Zwar kümmert sich ein Freund, wann immer es ihm möglich ist um Jonas. „Aber im Großen und Ganzen musste ich mit fast allem komplett selbst klar kommen.“ Seine Kräfte reichen anfangs allerdings nur für fünf Stunden. 19 Stunden Schlaf braucht sein Körper, um sich zu erholen. Mehrere Monate lang ist Jonas Baum weitestgehend an Bett und Wohnung gefesselt. Vor die Tür geht er nur, wenn ein Arzttermin oder die Physiotherapie ansteht. „Ich habe Freunde gebeten, mich zu fahren, oder bin zu Fuß auf Krücken hingelaufen. Und das im Winter“, sagt er. Das Geld wird dabei immer knapper. Eine private Pflegeversicherung, die für die professionelle Unterstützung bei der Verrichtung alltäglicher Aufgaben aufgekommen wäre, hat Jonas Baum nicht. Ebenso wenig ist er gegen Berufsunfähigkeit oder bei Unfällen versichert. Zuzahlungen für Medikamente und Therapie muss er selbst leisten, rund 120 Euro im Monat. Zwei Monate lang bekommt er Krankengeld, dann ist er finanziell voll und ganz auf sich gestellt.
Auch mental eine belastende Situation
Als auch noch sein Saisonvertrag ausläuft, wird die Situation immer belastender. „Einen Monat lang habe ich gar kein Geld bekommen, bis ich in der Lage und auch dazu bereit war, Hartz 4 zu beantragen. Das war schon ein Schock für mich. Ich wollte arbeiten, war aber nicht fähig“, sagt Jonas Baum. Auch psychisch setzt ihm die Situation zu. „Wenn du dir vor Augen führst, was du früher zu leisten im Stande warst, und dann plötzlich derart ausgebremst wirst, dann macht dich das kaputt. Ich war auch mental am Boden.“
Im Rückblick: Weniger Ärger mit zusätzlicher Absicherung
Rund eineinhalb Jahre nach dem Unfall ist Jonas Baum in der Lage beschwerdefrei eine Strecke von sechs Kilometern zu laufen, arbeitet wieder an der Wassersportanlage. „Rückblickend würde ich wohl vieles anders machen“, sagt er. „Ich habe mich natürlich sehr darüber geärgert, dass ich nicht abgesichert war. Ich kann es bis heute nicht verstehen, warum ich keine Versicherung abgeschlossen habe. Finanziell hätte ich damit definitiv besser dagestanden.“ Dennoch kann er dem Unfall auch etwas Positives abgewinnen. „Ich habe gelernt, mit nichts zurechtzukommen. Ohne Kraft, ohne Geld – So habe ich zu meinem inneren Glück gefunden. Ich habe gelernt, zur Ruhe zu kommen und konnte tatsächlich alles auf null setzen und neu beginnen.“