-
„Die Krankheit hat mich abenteuerlustiger gemacht“
Digitale Nomadin trotz Multipler Sklerose
Ein Leben mit Multipler Sklerose ist anstrengend, es ist ungewiss und oft bedrohlich. Dass man damit leben und sogar um die halbe Welt reisen kann, zeigt die 29-jährige Bloggerin Samira Mousa. Nachdem sie den ersten Schock überwunden hatte, bedeutete für sie die Krankheit sogar eine positive Wende in ihrem Leben. Wie das kam, berichtet sie seit einigen Jahren in ihrem Blog „chronisch fabelhaft“. Sie schreibt über ihr Leben mit der Erkrankung, sie möchte Mut machen und die Krankheit trotzdem nicht verharmlosen.
Leben mit MS bedeutet einen Umgang mit der Angst zu finden
Die Symptome von Multipler Sklerose, kurz MS, starten meistens mit einer klar umrissenen Funktionsstörung, beispielsweise des Sehsinns oder der Gefühlsempfindungen. Danach kommen die Symptome meist in Schüben. Das heißt, für einen Zeitraum von einigen Tagen bis wenigen Wochen kommen Symptome auf, die sich dann vollständig oder unvollständig zurückbilden. Je länger die Krankheit andauert, desto eher kann es zu bleibenden neurologischen Schäden kommen. Die Lebenserwartung verkürzen kann aber nur eine sehr seltene Variante von MS.
Dennoch: Viele MS-Patienten haben nicht wie Samira das Glück eines milden Krankheitsverlaufs. Es kann zu einer zunehmenden Pflegebedürftigkeit kommen, immer weniger Möglichkeit zur selbständigen Lebensführung. Häufig sind Bewegungseinschränkungen, die manche Erkrankte in den Rollstuhl bringen. Auch zu Sprechproblemen kann es kommen oder der sogenannten Fatigue, einer akuten Erschöpfung ohne vorhergegangene Anstrengung.
Nicht zu unterschätzen sind darüber hinaus die psychischen Auswirkungen. Wie bei allen chronischen Erkrankungen können Beziehungen leiden, Freunde wenden sich ab, weil die Betroffenen nicht mehr an gemeinsamen Tätigkeiten teilnehmen können. Partnerschaften kann die Krankheit auf eine schwere Probe stellen. Immer wieder wird auch von Persönlichkeitsveränderungen der Erkrankten berichtet.
Samiras Blog „chronisch fabelhaft“
Samira traf bei der Recherche über ihre Diagnose im Internet auch auf viele schlimme Szenarien. Sie entschied für sich, dieser Grundstimmung nicht folgen zu wollen, das helfe niemandem weiter, betont Samira. Um einen Einblick in die Krankheit und den Umgang damit zu geben, beschloss sie daher 2017 einen eigenen Blog zu schreiben, in dem sie MS ganz anders darstellen wollte. Seitdem schreibt sie auf ihrer Seite: „chronisch fabelhaft“ über ihr Leben mit der MS-Diagnose. Sie gibt Tipps, beschreibt Probleme und Lösungen, interviewt Gleichgesinnte, berichtet vom Reisen und schreibt über eine gesunde Ernährung.
Alles über Multiple Sklerose
Multiple Sklerose (MS) ist eine entzündliche Erkrankung des Zentralen Nervensystems, die das Gehirn und das Rückenmark betrifft. MS gehört zu den Autoimmunerkrankungen und ist die häufigste chronisch-entzündliche Krankheit in Mitteleuropa. Sie wird auch die „Krankheit der 1.000 Gesichter“ genannt, da sie aufgrund der Art der Entzündungen nahezu jedes neurologische Symptom hervorrufen kann. Entsprechend unterscheiden sich von Patient zu Patient Verlauf, Beschwerdebild und Therapieerfolg. Die Ursache der Krankheit ist noch nicht geklärt. Vermutet werden mehrere Ursachen, die gleichzeitig auftreten müssen. Das Immunsystem spielt dabei eine zentrale Rolle. Auch eine genetische Veranlagung wird nicht ausgeschlossen. Weltweit leben rund 2,5 Mio. Menschen mit MS.Video: Digitale Nomadin mit Multipler Sklerose: Samira Mousa im Porträt

Hier wird ein Video nicht angezeigt
Mit Klick auf den Button „Zustimmen“ willigen Sie ein, dass eine Verarbeitung Ihrer personenbezogenen Daten durch YouTube auch in Drittstaaten außerhalb der EU und EWR erfolgt, auch wenn diese Drittstaaten über kein nach EU-Standards ausreichendes Datenschutzniveau verfügen. Weitere Informationen zum Datentransfer durch YouTube finden Sie hier. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen.

Sie haben einer Datenübertragung zu YouTube auf unserer Homepage nicht zugestimmt. Mit Klick auf den Link werden Sie aus diesem Grund direkt weitergeleitet zu YouTube. Betreiber von YouTube ist die Google Ireland Limited („Google“), Gordon House, Barrow Street, Dublin 4, Irland. Weitere Informationen über Datenschutz bei YouTube finden Sie hier in deren Datenschutzerklärung.
Weiter zu YouTube- Verlaufsformen
-
-
Zu Krankheitsbeginn überwiegt die schubförmige Verlaufsform. Das rasche Auftreten von einem oder mehreren Entzündungsherden mit entsprechenden körperlichen Störungen nennt man Schub. Dieser kann sich über Stunden oder Tage aufbauen und ebenso lange wieder abklingen. Meistens kommt es nach etwa 10 bis 15 Jahren zu einem sekundär chronischen Verlauf. Nur in sehr wenigen Fällen (unter 5 %) führt die Krankheit innerhalb weniger Jahre zu einer schweren Behinderung. Die Krankheit ist weder ansteckend noch zwangsläufig tödlich. Das Erscheinungsbild und die anfänglichen Beschwerden können auch anderen Krankheiten ähneln. Eine gesicherte Diagnose beruht auf einer umfassenden Anamnese.
-
- Symptome
-
-
- Abnorme, vorzeitige Erschöpfbarkeit
- Kognitive Störungen
- Einschränkungen der Aufmerksamkeit, Merkfähigkeit und Konzentration
- Depressive Verstimmungen
- Schwindel
- Motorische Störungen, wie Lähmungen und Sehstörungen
- Gefühlsstörungen der Haut, wie Kribbeln oder Taubheitsgefühl
- Doppelbilder oder „verwaschenes“ Sprechen
- Spastische Lähmungserscheinungen (Gehprobleme, Blasenstörungen etc.)
-
- Behandlung
-
-
Für die Behandlung von Multipler Sklerose werden Medikamente zur Verzögerung des weiteren Fortschreitens der Krankheit gegeben. Diese Medikamente können sehr starke Nebenwirkungen haben, weshalb die Erkrankten sie in beschwerdefreien Phasen teilweise absetzen, um die gewonnene Lebensqualität nicht wieder zu senken. Daneben werden bei Schüben die Entzündungen bekämpft und die entstehenden neurologischen Störungen soweit wie möglich wiederhergestellt.
-
Halt in der Gemeinschaft finden
Eine Gemeinschaft ist wichtiger, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Es gibt neben Selbsthilfegruppen kaum Institutionen, die sich um die Betreuung von MS-Erkrankten kümmern. Für das Altenpflegeheim sind schwerer Betroffene zu jung. In der Regel sind Angehörige die einzigen, die helfen können, die aber auch gezwungen sind, weil es keine Alternativen gibt.
Ihr Blog ist für Samira daher auch eine Selbsttherapie, wie sie sagt. Worüber sie schreibt, spiegelt ihren Verarbeitungsprozess der MS wider. Gleichzeitig sei es aber auch eine Businessidee gewesen. Der wachsende Erfolg ihres Blogs bot ihr die Möglichkeit, sich den Wunsch zu erfüllen, die Welt zu bereisen.
Quelle: Nick Wolff
Quelle: Nick Wolff
Quelle: Nick Wolff
Quelle: Nick Wolff
Quelle: Nick Wolff
Quelle: Nick Wolff
Quelle: Nick Wolff
Reisen mit MS: Leben als Digitale Nomadin
Samiras Rat an Patienten mit neuer MS-Diagnose:
- Google nicht zu viel.
- Stelle deine Facebook-MS-Gruppe so ein, dass dir nicht jede Meldung angezeigt wird.
- Gehe zu verschiedenen Ärzten, nicht nur einem.
- Lass‘ dich nicht verrückt machen.
- Alles kann, nichts muss: Dein Verlauf muss nicht der schlimmstmögliche sein.
Trotzdem geht die Multiple Sklerose stets mit auf Reisen. Einen 40-Liter-Beutel voll mit Pillendosen trägt sie immer bei sich. Die Medikamente lässt sie sich im Vorhinein verschreiben. Momentan macht Samira eine alternative MS-Therapie. Deswegen überprüft sie im Voraus, ob an ihrem Reiseziel die Nahrungsergänzungsmittel zu liefern sein werden. Kommt ein Schub, muss sie im Zweifel ins Krankenhaus. Das kann schnell teuer werden, eine gute Reisekrankenversicherung ist wichtig. Dennoch ist MS eine vergleichsweise reisefreundliche Krankheit. Bis heute musste Samira noch keine Reise abbrechen und nimmt für den Zugewinn an Lebensqualität den Planungsaufwand gerne in Kauf.
Zurück in die Heimat, mit neu gewonnener Freiheit
Allmählich bekommt Samira Heimweh, möchte wieder zur Ruhe kommen. „Ich habe wieder Lust auf einen Vertrag im Fitnessstudio, auf meine eigene Wohnung, auf Balkonpflanzen“, sagt sie. Dass sie das heute so sicher feststellen kann, verdankt sie der neuen Freiheit, die sie sich erarbeitet hat. Samira hat die Diagnose Multiple Sklerose als Hinweis zur Verbesserung ihrer Lebensführung genutzt.
Veröffentlicht am 18.03.2019