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Sich lieben, auch in schlechten Zeiten
Intimität in der Pflege
Krankheit und Alter können Paarbeziehungen auf eine harte Probe stellen. Erst recht, wenn der Partner oder die Partnerin an Demenz erkrankt ist. Verändert sich die Persönlichkeit, wird es für die Angehörigen schnell anstrengend. Doch auch pflegebedürftige Menschen haben Bedürfnisse. Das betrifft oft ein Tabu: Sexualität im Alter.
Michael Schmidt hat es sich in der kleinen Wohnung auf dem Sofa gemütlich gemacht, Malteser-Hündchen Bella liegt auf seinem Schoß, seine Frau Gudrun bringt ihm eine Tasse Tee. Dann hält sie vorsichtig mit beiden Händen seinen Kopf, gibt ihm einen Kuss auf die Stirn und lächelt ihn an. Er strahlt zurück. Der 76-jährige hat Demenz und ist vollständig auf die Hilfe seiner Frau angewiesen. Ein ungewöhnlicher Umgang der beiden?
„Nein“, sagt Gudrun Schmidt mit Nachdruck in der Stimme, „für meinen Mann und mich ist Zärtlichkeit ganz wichtig.“ Darum nehme sie ihn in den Arm und abends im Bett kuscheln sie gemeinsam – „oft auch nackt“, sagt die 73-jährige. Wer bei dieser Vorstellung aufmerkt, zeigt eine häufige Reaktion beim Thema Sexualität im Alter. Sex unter alten Menschen, das können oder wollen sich viele nicht vorstellen. Doch es ist der absolute Normalfall. Studien der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärungen zeigen: Wer in einer erfüllten Partnerschaft lebt oder im Alter noch einmal eine neue Beziehung anfängt, hat auch Sex.
Sex im Alter ist ein Tabu-Thema
Mit der Demenz ging auch die Intimität
Die Krankheit führt bei den Betroffenen dazu, dass sie ihre Emotionen nicht mehr richtig ausdrücken können. Das betrifft auch sexuelle Bedürfnisse und kann zu unkontrolliertem oder unangemessenem Verhalten führen. Denn durch die Hirnschädigung werden manche Patienten enthemmt, sie sind nicht mehr in der Lage, sich an soziale Konventionen zu halten oder zwischen privaten und öffentlichen Situationen zu unterscheiden. Das kann so weit gehen, dass sich die Patienten vor ihren Angehörigen oder dem Pflegepersonal selbst befriedigen. In solchen Fällen spricht man von Hypersexualität. Der häufigere Fall ist aber das Abnehmen der sexuellen Lust, also der Verlust der sogenannten Libido.
Nähe und Zärtlichkeit sind Grundbedürfnisse
Unterstützung für pflegende Angehörige im Sinne der Beziehung
„Eine Demenz ist ein gravierender Einschnitt, sie stellt das bisherige Leben des Paares auf den Kopf“, so Schmalzl. Der Umgang damit sei von Paar zu Paar unterschiedlich: „Manche sind eingebettet in ein gutes Netz aus Freunden, Vereinen und der Familie, das kann man gerade im ländlichen Raum noch oft beobachten.“ Ganz wichtig, so Schmalzl, seien in diesem Zusammenhang Selbsthilfegruppen, in denen der Austausch mit Gleichbetroffenen möglich ist. In diesen geschützten Räumen könnten sich betroffene Partner von Demenzkranken über ihre ambivalenten Empfindungen und Gefühle dem kranken Partner gegenüber austauschen. „Die ganze Palette von Empfindungen ist im Verhältnis zum dementen Partner vertreten: Von der bleibenden Liebe und Mitgefühl über Frust und Ungeduld bis hin zum stillen, meist nicht offen ausgesprochenen Vorwurf an den Kranken, dass man sich den gemeinsamen Lebensabend nun wirklich anders vorgestellt habe.“
Rechtzeitig vorsorgen und gemeinsam planen
Auch Gudrun Schmidt hat sich Hilfe geholt, vor allem, um die Beziehungssituation mit ihrem kranken Mann zu verbessern. Durch die mittlerweile höhere Pflegestufe ihres Mannes kam mehr Unterstützung bei der täglichen Pflege ins Haus. Viel wichtiger für sie selbst sei aber gewesen, dass sie sich beraten ließ, in eine Selbsthilfegruppe ging und für sich gesorgt hat. „Dort habe ich gemerkt, wie groß die Distanz zwischen meinem Mann und mir geworden ist – und dass ich ihn immer noch liebe, Demenz hin oder her.“ Seitdem kamen sich die Eheleute Schmidt wieder näher. Sie nehmen sich in den Arm, sie kuscheln – und beiden geht es besser mit der neu gewonnenen Nähe.
Video: Alzheimer in der Partnerschaft

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